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Rays Around You

Press Release (excerpt), Oktober 2016 

carlier gebauer

Ein dichtes Geflecht aus Farbe beherrscht die neuesten Malereien von Erik Schmidt. Kleine Farbflächen, Momente aufgetürmter Farbe, puzzleartig aneinander gesetzt, darüber, dazwischen kräftige Linien - und dann: Weiß. Viele der Gemälde, zu denen Schmidt durch seinen Japanaufenthalt im Jahr 2015 inspiriert wurde, zeigen das, was man sieht, wenn man den Blick dort an einer Straßenkreuzung nach oben wendet: Kabel und Leitungen, die sich überlagern, Stromkästen, Lampen - ein undurchschaubares, unschönes, Dickicht aus den Versorgungsleitungen einer Riesenstadt. In immer stärker werdender Abstraktion widmet sich Schmidt in seiner Malerei diesen Knotenpunkten. Die Leitungen, die bunten Häuserfassaden, die grellen Werbeschilder sind durchaus erkennbar, lösen sich aber, je mehr man sich in das Bild vertieft, zunehmend auf und werden zu reiner Malerei. Erik Schmidt macht sein Interesse an Struktur, Geometrie und nicht zuletzt Farbe als Material geradezu körperlich spürbar. Seine Gemälde sind immer auch Reflexion über Malerei - über Farben, Flächen und - beeinflusst von der Auseinandersetzung mit der japanischen Kunsttradition - mehr noch als bisher über die Linie. Grafischer als seine bisherigen Gemälde sind die Arbeiten dieser Werkphase: die dicke Farbe schwebt bisweilen nur noch vereinzelt vor weißen Flächen, überlässt dem Grund sogar manchmal gänzlich das Feld. Malerei, wie wir sie kennen, hat in Japan keine Tradition. Wie in einem Kippbild tritt bei der Betrachtung jedoch auch immer wieder das Motiv in den Vordergrund, und die stark fluchtenden Geraden, die betont steilen Vertikalen sowie die wild ineinander verstrickten Farbmassen lassen einen den Schwindel fühlen, der den Maler beim Gang durch die Straßen Tokyos erfasst haben mag.